Jazzfest.Wien History 2017

Dee Dee Bridgewater | Madeleine Peyroux

Mittwoch 5. Juli 2017 | 19.30 Uhr | Wiener Staatsoper

Foto: Dee Dee Bridgewater MGMT

Dee Dee Bridgewater

Der Ort, wo man ins Leben tritt, ist selbstverständlich ein Kraftort. Wenn man, wie Jazzsängerin Dee Dee Bridgewater, die 1950 als Denise Garrett zur Welt kam, eine Musikstadt wie Memphis zur Geburtsstadt hat, dann ist man ihr schon etwas schuldig. Auch wenn man dann letztlich in Flint, Michigan aufgewachsen ist. Memphis, das ist einerseits Elvis Presley, andererseits die große Soulbewegung, die die beiden Labels Stax und Hi in die Welt gebracht haben.

Bridgewater, die ihren Namen durch die Heirat mit dem Jazztrompeter Cecil Bridgewater erwarb, mit dem sie 1970 nach New York ging, hat in ihrem künstlerischen Leben die Genres so mutig gewechselt wie kaum jemand anderer. In der Thad-Jones-Mel-Lewis-Big-Band sang sie Jazz, wie auch bei Frank Foster und Carlos Garnett. Afrozentristisch wurde sie auf Mtumes „Rebirth Cycle“. Sie sang Fusion mit Roy Ayers, später sogar Rock. Mit „Afro Blue“ realisierte sie 1974 ein famoses Jazz-Solo-Album. Sogar Disco versuchte sie in den späten Siebzigern. Weltkarriere machte sie letztlich in den Neunzigerjahren mit traditionellen Jazzalben wie „Dear Ella“ sowie Hommagen an Duke Ellington und Horace Silver.

Auf ihrem neuen Album „Memphis“ erweist sie ihrer Geburtsstadt klingende Reverenz. Sie singt darauf Soulhymnen wie „I Can´t Stand The Rain“ von Ann Peebles und „Can´t Get Next To You“ von Al Green. Aber auch den beseelten Blues eines B.B. King und eines Bobby Blue Bland ehrt sie mit beseelten Lesarten von Klassikern wie „The Thrill Is Gone“ und „I´m Going Down Slow“. Diese so kraftvolle wie sensible Sängerin dürstet es einfach ständig nach Veränderung.

Foto: Shervin Lainez

Madeleine Peyroux

Die 1974 in Athens, im US-Bundesstaat Georgia, geborene Sängerin Madeleine Peyroux hat nur zögerlich „Ja“ zur großen Karriere gesagt. Nachdem 1996 ihr fantastisches Debütalbum „Dreamland“, auf dem u.a. Gitarrist Marc Ribot mitspielte, für größtes Aufsehen unter Musikfreunden sorgte, zog sie sich wieder vollständig zurück und trat eine Zeitlang nur noch als anonyme Straßenmusikerin auf.

2004 tauchte sie mit dem nicht minder exquisiten Album „Careless Love“ wieder aus der selbst gewählten Versenkung auf. Seither hat sie fünf Alben, zuletzt auch voll mit großartigen, eigenen Kompositionen, veröffentlicht. Das aktuelle Opus „Secular Hymns“ zeigt sie nach wie vor auf Seiten gesellschaftlicher Außenseiter. Aufgenommen wurde es in der Parish Church of Saint Mary in Großbritannien, was der ohnehin imposanten Stimme Peyrouxs zusätzlichen Reiz verleiht. Diesfalls suchte sie wieder bei anderen nach idealen Songs. Etwa bei so unterschiedlichen Kapazitäten wie Tom Waits, Linton Kwesi Johnson, Townes Van Zandt und Willie Dixon.

Das stille Album strahlt den Charme der vom harten Leben zwar Versehrten, aber keineswegs Entmutigten aus. Mit zärtlicher Unerbittlichkeit lockt sie in den intimen Raum zwischen Stille und Agonie. Zu ihren Vorbildern zählt Leonard Cohen, den sie zuweilen auch höchst charismatisch covert. Etwa in „Dance Me To The End Of Love“. Bei allem was sie singt, schimmert die stimmliche Patina der Vierzigerjahre durch. Bessie Smith, Billie Holiday, Hank Williams – sie alle sind irgendwie lebendig in Peyrouxs sensibel agierendem Organ. Trotzdem ist da eine subtile Dialektik am Werk, die anstrengungslos klassisches Pop- und Jazzmelodik mit moderner Attitüde verbindet.